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Wach bitte auf, okay?

Müde öffnete er seine Augen, blinzelte als ihm grelles Licht entgegenströmte. War es nicht Nacht? Eine schemenhafte Gestalt bewegte sich auf ihn zu. Er hatte keine Kraft mehr für Versteckspiele. Seine Mission war vergeblich. Auf den letzten Metern hat er sie dann doch verraten. Er schluckte schwer. Letzten Endes war er nichts weiter als ein Fuchs, hatte sich beweisen wollen und war letzten Endes doch gescheitert. Kläglich. Getrocknetes Blut verklebte sein Fell. Seine blutunterlaufenen Augen konnte er kaum offenhalten. Seine Augenlider flimmerten unkontrolliert. Er begann wie ein Köter zu jaulen. Wie enttäuschend. Er hatte wirklich an sich geglaubt.


Hätte er nicht nach ihrer Aufmerksamkeit gelechzt, wäre er nicht so unterwürfig gewesen, so trunken vor Vermessenheit - vielleicht hätte er sich eingestehen können, wie schwach er in Wahrheit war. Er schloss seine Augen und ergab sich seinem Schicksal.


Doch dann - dieser Geruch. Er würde ihn überall erkennen. War sie es? Müde hob er seinen Kopf, ein leises heiseres Jaulen entrann seiner Kehle. Er spürte wie er sanft in den Arm genommen wurde. Wenige Sekunden später floss warmes Wasser über seinen Rücken und er lauschte beruhigt ihrer Stimme. Aino. Sie war hier. Er hat es tatsächlich geschafft. Im Wissen, dass er endlich bei ihr war, ließ er sich, ihrer besorgten Stimme lauschend, langsam in den Schlaf wiegen.

 

Besorgt schüttelte Ninskij den Kopf. Wochen waren vergangen und noch immer ist er nicht wieder aufgewacht. Ihr Sozialleben hatte sie in der Zeit, in der sich der blaue Fuchs in Lebensgefahr befunden hat, total vernachlässigt. Immerhin schien das Leben des Vierbeiners an einem seidenen Faden zu hängen, als sie ihn blutend in ihrem Bett aufgefunden hatte. Sie schaute zum Bett. Dort lag er, eingekuschelt in warme Decken, tief und fest schlafend. Seine Wunden waren vollständig verheilt. Sie hatte oft überlegt, was mit ihm geschehen sein konnte. Ob er angegriffen wurde. Von wem. Oder ob ihm etwas zugestoßen sein könnte, was außerhalb ihrer Vorstellungskraft lag. Immerhin war der blaue Fuchs nicht von dieser Welt.


Ein lautes Miauen riss sie aus ihren Gedanken. Ninskijs Katze kam mit schweren Schritten ins Zimmer und sprang gemütlich schmatzend mit aufs Bett. Ninskij musste lächeln. "Passt du auf ihn auf, solange ich ein paar Einkäufe mache?" Die Katze begann zu schnurren und kuschelte sich gemächlich neben den schlafenden Patienten. "Okay", seufzte sie und stand auf. Doch bevor sie das Haus verließ, warf sie einen letzten Blick zum Fuchs zurück. "Ich habe nur eine bitte an dich, Kleiner. Wach bitte auf, okay?"





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